Nach gefühlten 4 Wochen Dauerregen in Norddeutschland gab es gestern einen tollen Sonnentag und selbst eine wunderbare sternenklare Nacht wurde uns beschert. Gelegenheit, den derzeit am Nachhimmel sichtbaren Kometen Lovejoy 2014/Q2 zu fotografieren – hier meine Ergebnisse und Tipps, wie ihr ihn selbst aufnehmen könnt!
Auf unserer Lieblingsinsel Fehmarn gibt es noch mit die klarsten Sternennächte Deutschlands. Da wir übers Wochenende ohne hin dort waren, bot es sich mehr als an, die Kamera herauszuholen und auf Kometenjagd zu gehen.
Zur groben Orientierung verwende ich, wie immer, die App Mobile Observatory auf meinem Nexus 5 (Android). iOS Nutzern sei hier Redshift ans Herz gelegt. Die Apps liefern ein «Livebild» des Himmels und man kann auch nach Objekten, z.B. dem Kometen Lovejoy 2014/Q2 suchen. Hat man ihn gefunden, orientiert man sich einfach an den bekannten und deutlich sichtbaren Sternkonstellationen: Im Winter ist sicherlich der große Jäger «Orion» eines der dominierenden Sternbilder am Nachthimmel. Östlich davon, die Plejaden (Siebengestirn) und direkt ein klein wenig rechts darunter dann der Komet. Mit diesem Wissen aus der App kann man zunächst versuchen, mit bloßen Augen den Kometen auszumachen, indem man die Plejaden sucht und dann etwas rechts unten davon schaut. Die Sichtbarkeit ist allerdings recht schwach, so dass ihr wirklich einen klaren Himmel braucht und eure Augen sich schon mindestens 10 Minuten an die Dunkelheit gewöhnt haben sollten (ohne zwischendurch in eine Lichtquelle zu schauen – auch das Kamera-Display gehört dazu!). Danach kann man mit bloßem Auge den Kometen als diffusen «Stern» sehen – den Schweif konnte ich mit bloßem Auge allerdings nicht gut erkennen.
Aber die Kameras können das! Jede moderne DSLR hat eine deutlich größere Empfindlichkeit, als das menschliche Auge – insbesondere, wenn ihr mit langen Belichtungszeiten arbeitet.
Die Kamera ist eigentlich egal. Ich habe gestern abend die Nikon D750 verwendet, aber ich hätte die Bilder auch mit einer D5x00 oder beliebigen anderen DSLR machen können.
Viel wichtiger ist ein möglichst lichtstarkes Objektiv; ich habe mit unterschiedlichen Objektiven experimentiert – hier die Ergebnisse:
Zunächst habe ich mit dem Walimex 24 f/1.5 gearbeitet. Das ist ein relativ günstiges Objektiv, das sehr lichtstark ist und, sobald man es auf f/1.8 oder f/2 abblendet, eine ganz hervorragende Abblidungsqualität leistet. Für weitwinklige Astroaufnahmen ist es daher sehr gut geeignet. (Ein Klick auf die Bilder, zeigt sie größer an!)
Leider stand der Komet so hoch, dass die 24mm nicht ausreichten, um noch etwas Vordergrund mit aufzunehmen – was ich gerne gewollt hätte – aber auf dem Bild ist zumindest der Komet schon sehr gut sichtbar.
Der Vorteil bei weitwinkligen Aufnahmen ist, dass ihr länger belichten könnt, ohne dass die Sterne durch die Erdrotation als Striche dargestellt werden. Wie lange dann im Einzelnen die Belichtungszeit sein darf, das müsst ihr ausprobieren.
Deutlich verlängern könnt ihr die Belichtungszeiten, wenn ihr eine Astro-Nachführung benutzt, wie die Vixen Polarie (mein Bericht) oder den MDK V4 Astro (mein Bericht). Ich hatte diesmal die Polarie dabei und konnte daher das Bild oben mit einer Minute Belichtungszeit aufnehmen. Hier wäre auch noch mehr drin gewesen und die Sterne wären trotzdem noch punktförmig gewesen.
Für den Kometen braucht ihr allerdings nicht unbedingt eine Nachführung, wenn ihr mit Weitwinkel- oder Normalbrennweiten arbeitet.
Mit oder ohne Nachführung: Ihr solltet euch einfach an die längste mögliche Belichtungszeit mithilfe einiger Testaufnahmen herantasten und dann die ISO soweit erhöhen, dass das Bild hell genug erscheint und der Komet gut sichtbar ist.
Eine andere Technik, die auch ganz ohne zusätzliche Nachführung auskommt, ist das Aufnehmen einer Bilderreihe mit anschließendem Stacken am Computer, das habe ich in diesem Fotoschnack erklärt.
So – weiter ging es – Location Wechsel. Direkt auf der Mole in Orth auf Fehmarn steht eine Art Totempfahl mit alten Wappen, diesen wollte ich als Vordergrund nehmen.
Das nächste Bild entstand mit 2 Minuten Belichtungszeit, auch mit dem Walimex, diesmal habe ich ISO 160 verwendet, wieder f/2. Durch die lange Belichtungszeit und die Nachführung verwischt dann allerdings der Vordergrund.
Da ich nun aber mehr Vordergrund haben wollte, und diesen unverwischt, nahm ich das 10mm Fisheye f2.8. Ich nutzte es im DX Modus an der D750 bei Blende 2.8.
Durch den extremen Weitwinkel hätte ich mit der Belichtungszeit noch deutlich länger werden können, entschied mich aber dafür, wieder mit 2 Minuten und ISO 320 zu arbeiten, und stattdessen die Geschwindigkeit der Nachfürhung auf «Halbe Erdrotation» zu stellen, um sowohl den Vordergrund, als auch den Hintergrund unverwischt zu bekommen. Das habe ich hier erklärt. Allerdings erkennt man den Komet auf der Fisheye-Aufnahme nun kaum noch, da er einfach zu klein ist. Seht ihr in noch? (Klick vergrößert das Bild!)
So langsam wurde mir kalt. Das minutenlange Warten auf die Belichtungen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt kühlt den Körper ganz schön aus. Zu allem Überfluss war es windig und ich musste mich, trotz stabilen Stativs, so vor die Kamera stellen, dass ich sie von den Böen abschatten konnte, ansonsten hätten die Mikro-Wackler die Bilder zerstört.
Aber ich wollte unbedingt noch eine Nahaufnahme, also musste das Nikon 70–200 f/2.8 noch einmal auf die Kamera.
Je länger die Brennweite, um so größer die Gefahr der Verwacklung, um so größer die Windanfälligkeit (mal vom Gewicht des Objektivs abgesehen) und um so kürzer die Belichtungszeiten, die man, ohne verwischte Sterne zu bekommen, verwenden kann.
Ich entschied mich für 1 Minute bei Blende 2.8 und ISO 640. Hier das Ergebnis.
So – Zeit einzupacken und mich aufzuwärmen. Ich bin mit den Ergebnissen ganz zufrieden und bin froh, dass ich sie gemacht habe – wer weiß, ob der Komet noch sichtbar ist, wenn das nächste Mal die Wolkendecke aufreißt, die sich heute schon wieder über Norddeutschland legt – die Sichtbarkeit des Kometen nimmt seit einigen Tagen nämlich schon wieder ab. Viele weitere Infos über den Kometen findet ihr hier.
Wenn ihr in den nächsten Tagen die Gelegenheit habt, einen klaren Himmel zu erwischen, dann versucht es unbedingt einmal! Ein stabiles Stativ, ein Fernauslöser, ein lichtstarkes Objektiv, wie das 50mm f/1.8, 85mm f/1.8 und eine etwas höhere ISO sind ideal – aber auch mit einem lichtschwächeren Objektiv könnt ihr es versuchen. Die ISO müsst ihr dann halt entsprechend höher stellen. ich verspreche euch, wenn ihr den Kometen dann auf eurem Display seht, ist die Kälte erstmal vergessen! ;-)
Über meine oben im Text verlinkten Berichte zur Astrofotografie findet ihr viele weitere Tipps – insbesondere für Einsteiger in diese spannende Facette der Fotografie!
Wenn ihr es selbst probiert, dann postet doch bitte mal Eure Ergebnisse hier in den Kommentaren, dazu könnt ihr sie z.B. in den öffentlichen Ordner eurer Dropbox stellen und den Link hier freigeben.
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!