Um 1:40 ist die Nacht vorbei. Schnell die letzten Sachen in den Rucksack und da ist er schon, unser Taxifahrer. Durch ein relativ menschenleeres Salvador fährt er uns zum Airport. Wir gehen rein und finden schnell die Schalter der TAM. Zwei gibt es – vor dem einen eine gaaanz lange Schlange mit bestimmt 50 Leuten, vor dem anderen eine ganz kurze mit nur 2 Leuten. Ein Angestellter spricht uns an und sagt, wir sollen zu der kurzen Schlagen gehen. Nichts lieber als das, denken wir uns, und stellen uns an.
Der erste Fluggast verlässt den Schalter gerade mit missmutigem Gesicht und derjenige direkt vor uns kommt dran. Ich höre, wie die Dame ihm mitteilt, dass sein Flug gestrichen sei und er möglicherweise die Chance hätte, einen für morgen oder übermorgen zu bekommen. Er solle sich doch bitte in die Schlange nebenan anstellen dort werde man ihm eventuell weiterhelfen.
Dies sind so die Momente, in denen der innere Optimist und der innere Pessimist anfangen zu debattieren.
(«Super, jetzt können wir noch 2 Tage in Salvador bleiben. Manaus kannste knicken. Und das Boot in den Amazonas ist auch reserviert. Das kannste vergessen.»)
(«Ach, unser Flug ist bestimmt nicht gestrichen.»)
(«Meinste die Leute da an der Langen schlage stehen da zum Spaß? Und guck mal was für Gesichter die ziehen.»)
(«Sei doch nicht immer so negativ. Lass doch erstmal sehen, was die Dame uns sagt»)
(«Ja klar, Du als Deutsch-Brasilianer hast bestimmt VIP-Status. Sicher. Wahrscheinlich hat sie ein Privatflugzeug für Dich. Mann bist Du Naiv»)
Die beiden werden von der Dame am Schalter unterbrochen.
Die Tickets bitte. Wir reichen sie ihr. Sie wirft einen kurzen Blick hinein und sagt dann Moment, sie käme gleich wieder.
(«Siehst Du, hab ich’s doch gleich gesagt – stell Dich schonmal an der Schlange nebenan an.»)
Kurz darauf kommt sie wieder und eröffnet uns, dass unser Flug noch nicht bestätigt sei.
(«Ha!»)
Ich frage, was das denn genau bedeute? Sie sagt, das bedeute, dass es noch nicht klar sei, ob und wann er käme.
(«Da hast Du’s!»)
In Rio hatten wir ja noch Glück, und der Flieger kam dann irgendwann – wenn auch erst nach etlichen Stunden – aber hier? Ich schaue nochmal zu der langen Schlage hinüber. Im Geiste sehe ich unseren Amazonas-Aufenthalt platzen. Die Fahrt mit dem Amazonasdampfer morgen früh von Manaus in die Urwald-Lodge haben wir ja fest reserviert.
Sie muss meinen Blick bemerkt haben, denn plötzlich sagt sie, sie könne uns einen anderen Flug anbieten. Der würde eine Dreiviertelstunde früher losgehen aber auch 40 Minuten länger brauchen. Ich wage fast nicht, meinen Ohren zu trauen!
Ich frage schnell: Ist der denn bestätigt? Ja, der sei bestätigt.
(«Hey, vielleicht haben wir doch noch eine Chance!»)
Unser ursprünglicher, nicht bestätigter, Flug wäre nicht gerade die direkte Route gewesen. Der Flug wäre von Salvador nach São Paulo gegangen und erst nach einem langen Zwischenhalt von einigen Stunden im Anschluss dann einmal quer durchs Land nach Manaus.
Der nun angebotene Flug dauert insgesamt noch einmal 1 1/2 Stunden länger, und hat keinen langen Aufenthalt, aber dafür 6 Zwischenlandungen. Die Route geht von Salvador über Recife, Fortaleza, São Luíz, Belém, Santarém nach Manaus. Insgesamte Reisedauer 9–10 Stunden.
Dies ist die Flugroute, die wir auch zurück geplant haben. Von Manaus über Santarém und Belém nach São Luiz. Auf diesen Rückflug freue ich mich schon die ganze Zeit, da ich mir erhoffe, durch die vielen Starts und Landungen – gerade über dem Amazonas – einiges von der Landschaft sehen und fotografieren zu können. Diana ist davon nicht so begeistert. Starts und Landungen sind nicht so ihre Lieblingsdisziplin.
Hier allerdings überlegen wir sowieso nicht lange: Ein kurzer Blick auf die Schlange neben uns, noch einmal die Bestätigung von der Dame, dass der angebotene Flug wirklich klar geht und wir lassen unsere Tickets umbuchen.
(«Siehst Du – manchmal ist das Licht am Ende des Tunnels doch kein entgegenkommender Zug sondern der Ausgang!»)
Kurze Zeit später sitzen wir im Flieger, einer relativ kleinen Maschine, und heben zu unserer ersten Etappe ab. Tief durchatmen, das ist gerade noch einmal gut gegangen.Später erfahren wir, dass wir genau ein einen Fluglotsenstreik gekommen sind. Die Verzögerung in Rio war auch schon dadurch gekommen. Und das «Schlangen-Chaos» hier in Salvador. Wir sollten noch Traveller treffen, die das ganze richtig hart getroffen hat, und die etliche Tage dadurch verloren haben. Wir hatten jedenfalls Mega-Glück!
Und ich freue mich jetzt richtig über diese Flugroute! Wir werden Gelegenheit haben, heute schon über den Amazonas zu fliegen – sensationell!
Ich glaube wir sind die einzigen, die wirklich alle 6 Etappen mitmachen. Dieser Flug ist so eine Art «Küsten-Amazonas-Hopper». Zunächst die brasilianische Küste hoch bis Belém und dann den Amazonas von seiner Mündung flussaufwärts bis Manaus. Nach jedem Zwischenstopp wird wieder das gleiche Sandwich gereicht, nach dem 4. oder so winken wir dankend ab.Die ganze Geschichte ist schon recht anstrengend. 10 Stunden im Flugzeug – das ist fast wie ein Transatlantikflug. Aber man sieht deutlich mehr.
Zunächst die Starts und Landungen über den brasilianischen Großstädten Recife und Fortaleza mit den Stadtstränden und den Wolkenkratzern bis ans Meer. Dann das auf einer Insel gelegene São Luís und kurz danach geht es langsam los mit dem Regenwald.
Kurze Zeit später dann Belém, wo wir das erste Mal den Amazonas, genauer – sein Mündungsdelta sehen. Die schiere Breite dieses Flusses ist unvorstellbar. Weiter geht es den Lauf des Amazonas hinauf. Noch eine Zwischenlandung in Sanatarém und dann erscheint mitten im Urawald am Horizont eine riesige Großstadt – Manaus. Sie wirkt wir ein Fremdkörper, wie eine Krake die sich inmitten dieses ganzen Grüns ausstreckt.
Gedanken an die Natur, die hier vom Menschen so unbarmherzig und offensichtlich verdrängt wird kommen hoch und bedrücken uns. Mit gemischten Gefühlen steigen wir aus dem Flugzeug.
Weiterlesen: Manaus – Millionenstadt im Urwald
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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