Das neue Topmodel unter den Nikon Kameras mit APS‑C (DX) Sensor heißt Nikon D7200. Worin sie sich von ihrer Vorgängerin, der D7100 unterscheidet und ob die Neue einen Umstieg wert ist, darüber erzähle ich Euch in diesem Testbericht.
Bei der Ankündigung der neuen D7200 spürte ich zunächst einen Anflug von Langeweile. Kaufen? Och ich weiß nicht… Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich mit Kameras ganz gut versorgt bin. Sie ausprobieren und Euch darüber berichten wollte ich aber schon – und vielleicht würde ich ja auch überrascht werden! Oft ist es ja so, dass die Ankündigung des Herstellers und die anderen Berichte im Netz bestimmte Aspekte, die mir wichtig sind, gar nicht aufgreifen. Man muss sich immer selbst ein Bild machen. Und so fragte ich bei Calumet in Hamburg nach, ob sie mir eine zum Test zur Verfügung stellen würden. Sie taten es. Und so habe ich nun seit einigen Tagen die Nikon D7200 hier bei mir und konnte mir selbst ein Bild machen.
Ich werde in diesem Bericht vor allem auf die Unterschiede zu den anderen Nikons und insbesondere der D7100 eingehen.
Optik und Haptik
Äußerlich wenig überraschend kommt sie daher, die D7200. Das gleiche Gehäuse wie ihre Vorgängerin hat sie, von Außen verraten nur die kleinen Logos für WLAN und NFC sowie das D7200 Emblem, dass es sich um eine neue Kamera handelt, ansonsten gleicht sie der D7100 wie ein Ei dem anderen.
Da ich mich mittlerweile von dem viel ergonomischeren Gehäuse der D750 verwöhnen lassen durfte, deren tiefer Handgriff einfach nur perfekt zu greifen ist, wirkt die D7200 im Vergleich dazu in meiner Hand ziemlich unhandlich – fast klobig. So geht es mir aber auch mit der D810, seit ich die D750 habe.
Versteht mich nicht falsch, das Gehäuse und Bedienkonzept der D7200 ist okay – aber eben nichts Neues, sondern eben das, was wir nun schon seit der D7000 kennen. Also seit über 4 Jahren. Und etwas, das Nikon mittlerweile besser kann, wie sie mit der D750 bewiesen haben. Und mehr noch: selbst die «kleine Schwester», die D5500, hat den tiefen Griff spendiert bekommen und liegt mir besser in der Hand!
Bewährtes
Die D7200 bringt alles das mit, was die D7100 und D7000 so erfolgreich gemacht hat. Einen tollen Sensor, einen schnellen und zuverlässigen Autofokus, eine gute Bedienbarkeit. Dazu hat sie natürlich einen eingebauten Autofokus-Motor (der den kleinen Schwestern aus der 5000er Reihe fehlt) und kann somit auch alle alten Nikkore ohne eingebauten Motor problemlos fokussieren.
Sie bringt gute Video-Fähigkeiten mit, Stereo Ton, HDMI-Ausgang etc. Eigentlich alles, was das Herz begehrt.
Die Bildqualität ist bei D5200, D5300, D5500 sowie D7100 und D7200 auf hohem Niveau sehr ähnlich. Für das was rauskommt, ist es also ziemlich egal, welche dieser Nikons ihr verwendet. Die Unterschiede finden sich in der Bedienung und Ausstattung. Daher ist das auch der Schwerpunkt in diesem Artikel. Wenn ihr High-ISO-Bilder etc. sehen wollt, findet ihr die in meinem Artikel zur D7100 und auch in diesem Artikel, wo ich die neueren Modelle bzgl. ISO-Leistung und Dynamik vergleiche.
Auch die Bildwiederholrate im schnellsten Modus ist bei der D7200 mit 6 Bildern pro Sekunde identisch mit der Leistung der D7100. Völlig ausreichend, wenn ihr mich fragt.
Weiterhin gibt es wieder den 1.3x Crop Modus. 1.3x versteht sich dabei im Verhältnis zur APS‑C (DX) Sensor-Größe. Gegenüber Vollformat ist das in dem Modus dann ca. ein 2x (1,5 * 1,3) Crop) mit dann noch verbleibenden 15,4 MP und max. 7 Bildern/Sek. – und natürlich verkleinertem Sucherbild. Dazu wird ein Rahmen eingeblendet. Im Liveview wird das Bild auf die volle Größe des Displays skaliert. In diesem Crop Modus gehen die Autofokus-Felder bis an den Rand des Bildfeldes (s. Abbildung oben) und es sind die 7 Bilder pro Sekunde möglich. Bitte lasst euch nicht täuschen: durch diesen Crop-Modus wird nicht mehr Auflösung geschaffen! Es macht also für «Tele-Fotografen» keinen Unterschied (außer der höheren Bildrate) ob sie diesen Crop-Modus nutzen, oder in der Nachbearbeitung beschneiden. Ich entscheide mich für letzteres.
Folgende Funktionen können, wie bei anderen «Mittelklasse»-DSLRs von Nikon (=D7000, D7100, D600, D610) und selbstverständlich auch den Größeren, direkt über Knöpfe am Gehäuse bedient werden – in Verbindung mit dem vorderen und hinteren Drehrad:
- Weißabgleich (inklusive Feinabstimmung mit dem vorderen Rad)
- Qualität (RAW oder JPG, sowie die Größe der JPGs)
- ISO (inklusive Auto-ISO)
- Bracketing (Anzahl der Frames und «Abstände»)
- Blitzbelichtungskorrektur und Blitzmodus (Front, Rear, Slow, Red eye)
- Autofokus Modus (Continuous, Single, Auto) und AF-Punkte (Auto, 3D, Einzel‑, Dynamisch‑9, 21 oder 51).
Weiterhin hat die D7200, wie auch schon die D7100, vier durch den Benutzer konfigurierbare Knöpfe: AE‑L/AF‑L Knopf, Fn-Knopf, OK-Knopf und Abblendtaste.
Der mittlere «OK»-Knopf kann mit 100% Zoom bei Wiedergabe belegt werden (was die kleineren Nikons D5xxx und auch die D600/D610 leider nicht können, die «Großen» jedoch schon) – eine kleine aber ungemein praktische Funktion.
Wie schon ihre Vorgängerin hat auch sie den «i»-Knopf, der Zugriff auf häufig genutzte Einstellungen gibt.
Im Gegensatz zur D7100 hat Nikon hier aber nun zum Glück die verspielte Ansicht mit den Histogrammen durch eine einfache Menüansicht ersetzt, so wie auch schon bei der D750.
Wie schon bei der D7100 hat das Modus-Wahlrad eine Verriegelung, die durch Drücken des mittleren Knopfes gelöst werden muss, um das Rad zu drehen.
Wie bei der D7000, D7100 und der D600/D610, hat auch die D7100 auf dem Modus-Wahlrad zwei durch den Benutzer definierbare Modi, U1 und U2. Über das Menü können die gerade aktiven Kameraeinstellungen (inklusive Modus und Menüeinstellungen) auf einen dieser Modi gelegt werden und später einfach durch drehen des Modus-Wahlrades auf U1 bzw. U2 abgerufen werden. Ich selbst nutze diese Funktion nicht, aber möglicherweise ist sie für den einen oder anderen nützlich um z.B. Voreinstellungen für Tagsüber und Nachts abzulegen.
Leider wurde das Schulterdisplay der D7200 gegenüber der D7100 abgespeckt, so dass weniger Informationen sichtbar sind. Hier findet ihr Details dazu.
Neue Features
Ja, was ist denn nun eigentlich neu?
Etwas besserer Sensor
Die D7200 hat wieder einen Sony Sensor, der der D7100 war von Toshiba. Der Sony Sensor hat bezüglich Dynamik-Umfang und hohen ISO Zahlen leicht die Nase vorne.
WLAN / NFC
Nun – ganz vorne steht sicherlich das eingebaute WLAN. So ganz neu ist das natürlich nun auch nicht mehr, denn sowohl die D5300, die D5500 und die D750 haben das auch schon an Bord. Für die 7000er Reihe ist es aber neu – und ich freue mich, dass Nikon es hier endlich auch realisiert hat! Ganz neu ist hingegen die NFC-Funktion. Damit kann man Smartphones und Tablets, die das unterstützen (derzeit nur einige Android-Modelle) einfach durch Zusammenbringen der Geräte koppeln. Das ist sicherlich gut und logisch – aber kein Feature, das mich vom Hocker reißt. Zumal die WLAN-Kopplung, wenn sie denn erstmalig erfolgt ist, ja ohnehin sofort automatisch nach Aktivieren des WLANs aufgebaut wird und NFC dann nicht mehr nötig ist.
Größerer Puffer
Viele Besitzer einer D7100 waren enttäuscht über den kleinen Puffer der Kamera. Mit der D7200 kann man nun bis zu 3x soviele Bilder als Serie hintereinander aufnehmen, ohne, dass die Kamera eine Zwangspause einlegt. Bei meinem Test konnte ich im RAW-Modus in der schnellsten Geschwindigkeit im DX-Format (6 Bilder pro Sekunde) 16 Bilder hintereinander aufnehmen, bevor der Puffer voll war und die Kamera eine Pause eingelegt hat.
Besserer Autofokus
Nikon behauptet, der Autofokus der D7200 sei bis zu einer Blendenstufe empfindlicher, als der der D7100. Solche Aussagen sind schwer nachzuvollziehen – in den meisten Situationen funktionieren die Autofokus-Module der meisten Kameras ohnehin sehr gut. In Grenzbereichen gibt es sicherlich Unterschiede, wie ich sie z.B. in Peru beim morgendlichen Fotografieren der Papageien mit der D750 vs. der D810 festgestellt habe. Solche Situationen sind aber sehr schwer nachzustellen. Da ich bei der D750 gesehen habe, dass Nikon durchaus in der Lage war, den Autofokus noch einmal im Low-Light-Bereich zu verbessern, glaube ich jetzt mal, dass auch die D7200 hier in Grenzbereichen Vorteile gegenüber der D7100 hat – in der Praxis konnte ich es aber nicht nachvollziehen – zumal ich auch gar keine D7100 mehr besitze. :-)
Ansonsten hat auch die D7200 die gleichen 51 Autofokuspunkte mit 15 Kreuzsensoren, wie die D7100.
Picture-Style: «Ausgewogen / Flat»
Der Bearbeitungsmodus «Ausgewogen» (Flat) der D750/D810/D5500 hat nun auch in die D7200 Einzug gehalten. Wenn man im RAW-Format fotografiert ist es besonders wichtig, dass die Kamera eine eher «flache» Bearbeitung auf die Vorschauen anwendet, damit man möglichst viel vom Dynamikumfang der RAW-Datei schon auf dem Display sieht. Würde man hier zu stark bearbeiten lassen, hätte die Vorschau wenig mit dem zu tun, was man später als RAW-Grundlage für die Bearbeitung hat. Insbesondere deshalb ist der neue «FL»-Modus, der mit der D750/D810 eingeführt wurde und nun auch in die letzte Generation der DX-Nikons Einzug gefunden hat so schön – die Bilder sehen zwar dadurch nicht besonders ansehnlich auf dem Display aus, aber man erkennt viel eher, ob die Schatten noch Zeichnung haben, die Lichter ausgefressen sind, etc. Natürlich hat diese Vorschau auch Auswirkung auf das Histogramm und liefert euch im FL-Modus ein realistischeres Histogramm. Auch im Video Modus macht «FL» Sinn – es ermöglicht euch später in der Video-Bearbeitung mehr Freiheiten. Der Flat-Modus ist sicherlich eher etwas für ambitionierte Fotografen, als für den reinen Einsteiger, aber die D7200 ist ja auch eine Kamera für Enthusiasten und nicht im reinen Einsteigerbereich angesiedelt. Video-Freaks und RAW-Fotografen bekommen damit ein wichtiges Werkzeug an die Hand.
Verbesserte ISO-Automatik
Bei der ISO-Automatik könnt ihr nun, wie bei den anderen neueren Nikon-Modellen, die Tendenz der Automatik einstellen, eher zu längeren Zeiten oder kürzeren Zeiten. Dies ist sehr praktisch. Wenn ihr schnelle Motive fotografiert, stellt das Richtung «Kürzere Zeiten», wenn ihr mit längeren Zeiten arbeiten wollt, halt auf «Längere Zeiten». Dazu habe ich in meinem Bericht über der D750 schon einmal etwas geschrieben.
Besseres Bracketing
Wer gerne die Bracketing Funktion nutzt, kann sich freuen. Nun kann man endlich bis zu 9 Bilder mit bis zu 3 Blendenstufen Abstand aufnehmen.
Video und Zeitraffer
Die verbesserte Intervall-Funktion, analog zur D810/D750/D5500 war natürlich überfällig. Endlich können mehr als 999 Bilder aufgenommen werden. Nach wie vor blockiert die Kamera aber im Intervall-Modus länger, als mit einem externen Auslöser und verbraucht auch mehr Strom. Das gefällt mir als Zeitraffer-Fotografen natürlich nicht so – und so nutze ich meist den externen Auslöser.
Die eingebaute «Zeitraffer»-Funktion halte ich für wenig brauchbar, da sie nur ein fertiges Video ausgibt. Bei Zeitraffern ist aber gerade die Bearbeitungsmöglichkeit auf Basis der Einzel-RAW-Bilder der Clou! Nur so lassen sich spannende Übergänge realisieren und die hohe Dynamik der Realität wieder geben!
Im Video-Bereich gibt es jetzt bis zu 60 Bilder (progressive) in Full HD – allerdings leider nur in dem 1.3x Crop-Modus – bei voller Größe stehen leider nur 30fps in Full HD zur Verfügung. Das ist so zwar eine Verbesserung gegenüber der D7100 – allerdings können sogar die D5300 und D5500 das besser, sie stellen 60p in Full HD bei voller Bildgröße zur Verfügung, genau wie natürlich die aktuellen «großen» Nikons. Warum Nikon der D7200 wieder keine «echten» 60p spendiert hat, wissen sie wohl nur selbst. (Danke an meinen Leser Joachim, der darauf in den Kommentaren hinwies)
Auf Überbelichtungen kann die Kamera jetzt durch ein eingeblendetes «Zebra»-Muster hinweisen.
Neu ist auch das Video-Menü – wie schon in der D750 wurden alle Video-Funktionen in einem eigenen Hauptmenü zusammengefasst.
Live View
Die D7200 bringt, wie die «großen» Nikons und ihre Vorgängerin zwei Liveview-Modi mit: einen für Video und einen für Fotos.
Ich hatte so gehofft, dass mit der D7200 das traurige Kapitel des schlecht implementierten Liveviews bei Nikon endlich mal abgeschlossen würde, aber da habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ich bin es ehrlich gesagt leid, mich über das Thema aufzuregen, das habe ich schon genügend gemacht. Gebracht hat es ja trotzdem nichts.
Fakt ist, dass Liveview wieder exakt genauso implementiert wurde, wie schon bei der D7100. Das heißt, eine Blendensteuerung im Liveview ist nach wie vor nicht möglich und eine Belichtungssimulation auch nicht. Dazu haben sie die völlig unlogische Abbildung der Belichtungskorrektur (siehe unten) unverändert übernommen. Das ist einfach nur peinlich für das «Top-Modell unter den DX-Kamera».
Damit sind derzeit die D750, D810/D800/D800E sowie die D4/D4s die einzigen Nikons, die Liveview «richtig machen». Und mit denen man z.B. auch den «True Holy Grail» aufnehmen kann.
Die nächsten beiden Abschnitte zitiere ich mal fast unverändert aus meinem Testbericht zur D7100, da sich in den letzten zwei Jahren ja hier so exakt gar nichts geändert hat. :-(
Video-Liveview
Im Video-Liveview kann man auch bei der D7200 die Blende gar nicht verstellen, das ist wenigstens konsequent (ähnlich wie bei der D5200/D5300/D5500). Hier ändert sich im M‑Modus dafür aber die Helligkeit des Liveview-Bildes (Belichtungssimulation), wenn man die Belichtungszeit oder die ISO verstellt, das heißt, im Video-Modus gibt es das so wichtige «What You See Is What You Get». In diesem Modus lassen sich aber natürlich keine Belichtungszeiten länger als der Kehrwert der Video-Frequenz einstellen (bei 30fps also keine Zeiten länger als 1/30 Sek.) – Prinzipbedingt.
Im Video-Liveview kann man zwar auch Fotos aufnehmen, wenn man den Auslöser drückt (das Verhalten des Auslösers kann im Menü eingestellt werden, er kann auch so eingestellt werden, dass er die Video-Aufnahme startet und so z.B. auch mit einem Fernauslöser die Videoaufnahme gestartet werden kann). Die im Video-Liveview aufgenommenen Fotos haben allerdings ein Seitenverhältnis von 16:9 und werden auch nicht mit den Einstellungen (Belichtungszeit/ISO) aufgenommen, die auf dem Display sichtbar sind, sondern mit denen, die vor Aktivierung des Liveviews eingestellt waren – ein total intransparentes Verhalten, welches den Video-Liveview für die Aufnahme von Fotos nach wie vor total unbrauchbar macht.
Als Lichtblick ist nun wenigstens das zum Aufnehmen in heller Umgebung so wichtige Live-Histogramm vorhanden, wie z.B. auch bei der D750, D810, D800, D4/D4s – aber nicht bei der D7100, oder den kleineren Nikons. Leider gibt es dieses nur im Video-Liveview, nicht im Foto-Modus.
Im Foto-Liveview
Fortsetzung des Zitats: Der Foto-Liveview zeigt immer ein gleich helles Bild an, so, als ob die Kamera im A‑Modus wäre – auch wenn sie sich im M‑Modus befindet. Als Blende wird diejenige verwendet, die eingestellt war, als der Liveview aktiviert wurde. Aktiviert man also z.B. den Liveview, während Blende 11 eingestellt war, stellt die Kamera diese Blende fest ein, wenn der Liveview aktiviert wird. Das heißt, das für das Liveview zur Verfügung stehende Licht ist schwach und wird künstlich verstärkt, um ein helles Bild anzeigen zu können. Der Autofokus hat es schwer zu fokussieren bei derart geschlossener Blende. Die Blende kann nun zwar verstellt werden, das ändert aber an der tatsächlichen mechanischen Blendeneinstellung nichts. Erst beim Auslösen oder Verlassen des Liveviews wird die neue Blende angewendet.
Das Bild des Liveviews hat also weder von der Helligkeit noch von der Schärfentiefe etwas mit dem Foto zu tun, das aufgenommen wird. Zur Einstellung der Belichtung kann der Liveview also nicht als unmittelbar als Hilfe verwendet werden. Lediglich ein kleiner Balken weist auf eine Über- oder Unterbelichtung hin. Der Liveview hilft also lediglich bei der Wahl des Bildausschnitts und in Grenzen beim Weißabgleich und ggf. dem Fokussieren über den Kontrast-Autofokus oder per Zoom. Angemerkt sei hier noch, dass der Kontrastautofokus natürlich auch nicht vernünftig fokussieren kann, wenn die Schärfentiefe aufgrund des Abblendens zu groß ist.
Nur zum Vergleich: bei D750, D800, D810, D4s wird die Blende im Liveview mechanisch verstellt und man kann wählen, ob man eine Belichtungssimulation möchte oder das Bild in mittlerer Helligkeit angezeigt werden soll.
Es geht aber noch skurriler: sowohl im A, als auch im M‑Modus (sic!) kann man mit der +/- Taste für die Belichtungskorrektur das Bild heller oder dunkler machen (funktioniert nicht immer in beide Richtungen) – obwohl natürlich auch diese Änderung nichts mit dem später aufgenommenen Foto zu tun hat, sondern einfach nur relativ zum Liveview-Bild erfolgt. Besonders im M‑Modus ist das ein Witz, da sich durch die +/- Korrektur hier natürlich de facto gar nichts ändert.
Ich frage mich wieder einmal, ob Nikon meine Testberichte überhaupt liest?! :-) Warum wird so ein absurdes Verhalten nicht geändert?! Sie hatten über 2 Jahre Zeit dazu und zeigen bei den anderen Kameras, dass sie es besser können!
Leider, leider entspricht der Liveview der D7200 also wieder dem vermurksten Konzept das auch schon D7000, D7100, D600 und D610 aufwiesen: die Blende lässt sich nicht verstellen und es gibt im Foto-Modus keine Belichtungssimulation.
Übrigens: auch bei Canon ist das Liveview selbst bei den Großen nicht sooo viel besser umgesetzt. Da gibt es zwar eine Belichtungssimulation, aber keine Blendensimulation – das heißt, Liveview zeigt immer das Bild bei Offenblende…
Damit bleiben D750, D810/D800 und D4/D4s weiterhin die einzigen Nikons mit einem durchgängig guten und logischen Live-View.
Zubehör
Wie schon bei den letzten Nikons, bekommt man auch bei der D7200 keinen Display-Schutz mehr mitgeliefert. Es gibt auch keine Befestigungsmöglichkeit mehr dafür. Meine bisherigen Erfahrungen mit der D7100 und der D750 haben allerdings gezeigt, dass die neuen Displays schon sehr hart sind und kaum Kratzer abbekommen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich aber für relativ schmales Geld einen GGS-DisplaySchutz zulegen. Der hier verlinkte für die D7100 passt perfekt.
Die D7200 arbeitet mit dem gleichen Akku (EN-EL15), der auch in der D810/D800, D750, D7100, D7000, D610, D600 Verwendung findet.
Einen externen WLAN-Adapter braucht man zum Glück nicht mehr, denn WLAN ist nun eingebaut. Da die Nikon-App immer noch ziemlich unbrauchbar ist, könnt ihr sie auch gleich wieder deinstallieren, nachdem ihr das WLAN abgesichert habt, und Euch qDslrDashboard installieren. Darüber habe ich ja schon einige Male berichtet.
Mein Fazit
Die D7200 ist eine solide Kamera mit einem tollen Sensor und eigentlich allem was man braucht.
Was der Sensor in Punkto Dynamikumfang kann, das könnt ihr an diesem Bild sehen. Es entstand zwar mit der D5500, aber die Sensoren sind die gleichen.
Der Autofokus wurde verbessert, sie hat jetzt WLAN, schnelleres Video und das Problem mit dem kleinen Puffer wurde gelöst.
Aber im Vergleich zur D7100 ist sie aus meiner Sicht trotzdem ein eher kleines und unaufregendes Upgrade. Vor allem, wenn man sich überlegt, was möglich gewesen wäre.
Ich bin zum Beispiel wirklich enttäuscht, dass Nikon ihrem neuen Top-Modell unter den Kameras mit APS‑C Sensor nicht das Gehäuse der D750 verpasst hat. Es wäre nur logisch gewesen! Die D600 damals, war das Pendant zur D7000/D7100 und kam mit dem gleichen Bedienkonzept und fast gleichen Gehäuse. Wenn man nun die D750 als legitime Nachfolgerin zur D600/D610 sieht, wäre doch die logische Konsequenz gewesen, das Gehäuse der D750 für die D7200 zunehmen oder? Zumindest nach Gunther-Logik wäre das so. Nach Nikon-Logik offenbar aber nicht.
Ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirkt dieses Upgrade etwas, als ob Nikon hier künstlich auf der Bremse steht. Es wurden gerade so viele Neuerungen eingebaut, dass die Kamera so eben wieder auf der Höhe der Zeit ist. Und ja, sie wird sicherlich ihre Käufer finden. Trotzdem. Mein Gefühl ist, es wurde nur das Nötigste getan. Nicht mehr. Ein bisschen besserer Autofokus, ein größerer Puffer und WLAN. Dazu ein paar Software-Verbesserungen, die allesamt bereits in anderen Kameras aus dem Hause Nikon umgesetzt waren.
Vergleich mit D5500
Was möglich gewesen wäre, das zeigen wiedermal nicht nur die «großen» Schwestern – sondern vor allem auch die Nikon D5500. Im Gegensatz zur D7200 hat die nämlich:
- Ein sexy Gehäuse – kleiner und dennoch selbst in großen Händen ergonomischer, als die D7200
- Ein tolles Klappdisplay
- Einen Touchscreen
- 60p Full-HD Videos bei voller Bildgröße
Was sie nicht hat ist:
- 2. Speicherkartenslot
- Eingebauter Autofokusmotor für ältere Objetkive ohne Motor
- 1/8000 kürzeste Verschlusszeit, sondern nur 1/4000
- Den größeren optischen Sucher der D7200
- 100% Zoom per OK-Taste (fast das schmerzhafteste :-) – aber dafür gibt es jetzt zumindest «Pinch-to-Zoom»… ;-)
- FP-Kurzzeitsynchronisation beim Blitzen
Beide haben:
- WLAN
- Keine Blendenverstellung und Belichtungssimulation im Liveview
- Den gleichen Sensor, so gut wie die gleiche Bildqualität
- Einen hervorragenden Dynamikumfang
- Alle notwendigen Tasten am Gehäuse
Lohnt sich das Upgrade?
Tja – das müsst ich natürlich selbst entscheiden. Aber wenn ihr meine persönliche Einschätzung haben möchtet – bitte…;-)
Die D7200 kommt leider ohne großen Sex-Appeal daher. Bei mir persönlich wird da das «Habenwollen»-Hormon nur in Homöopathischen Dosen ausgeschüttet. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass ich eine D750 und eine D5500 habe. Beide wirken mit ihren moderneren Gehäusen und den Klappdisplays um einiges anziehender auf mich. Die D7200 ist dagegen der Golf unter den Nikons. Sie ist solide und wird sicherlich Käufer finden, aber sie ist leider auch etwas langweilig. Sicher, sie liefert ab. Gute Bildqualität, schnell, alles da. Funktioniert. Aber in die Schlange stellen tut man sich dafür nicht.
Wenn ihr auf die Verbesserungen gegenüber der D7100 verzichten könnt, die ich oben beschrieben habe, dann könnt ihr sicherlich jetzt durch den sinkenden Preis, mit der D7100 nun ein gutes Schnäppchen machen. Derzeit beträgt der Unterschied ca. 500€ – ob die paar neuen Features Euch das wert sind, müsst ihr selbst entscheiden.
Wenn ihr etwas auf «Größe» verzichten könnt, dann sind sicherlich auch der «Mini-Cooper» D5500 eine Variante, die schick, klein und wendig ist und eine Menge Spaß macht – mir persönlich sogar mehr, als der Golf.
Die Frage nach dem Warum
Was steckt hier hinter Nikons Produktpolitik mag sich der eine oder andere fragen. Auch ich habe mir die Frage schon oft gestellt.
Warum nicht eine D7200 im Gehäuse der D750, mit Klappdisplay, vernünftigem Liveview und ansonsten den Features, die Nikon ohnehin spendiert hat. Wäre ja alles nichts Neues sondern Features, die Nikon ohnehin schon entwickelt und in anderen Kameras auf dem Markt gebracht hat.
Viele DX-Fotografen warten nun schon so lange auf den «Nachfolger der D300». Eine Profi-Kamera mit DX Sensor. Aber die kommt nicht. Wird sie vielleicht nie. Und die D7200 ist es auch nicht. Im Gegenteil – mehr wäre leicht möglich gewesen, wurde aber nicht umgesetzt.
Die einzige Erklärung, die mir plausibel erscheint ist, dass Nikon durch diese Politik ihre Kunden dazu bringen möchte, auf Vollformat umzusteigen. Daher ist es auch ungefährlich, sexy Features in eine D5500 einzubauen – denn Profis (außer mir vielleicht :-)) werden die ja ohnehin nicht ernst nehmen. Aber eine DX-Kamera mit Profi-Ambitionen, die könnte gefährlich werden. Wie die Entwicklungen am Markt zeigen, z.B. die Nachfrage nach Kameras mit MFT-Sensoren, wie den OM‑D von Olympus, sind «Profis» durchaus bereit, sich auf kleinere Sensoren einzulassen und auch ordentlich Geld für Kameras und Objektive auszugeben. Plötzlich wäre dann das DX Format vielleicht aus Nikons Sicht wieder zu attraktiv (siehe den Erfolg der Fuji XT‑1) und könnte die «Profis brauchen Vollformat»-Politik Nikons kannibalisieren.
Ist doch klar! – Vollformat bringt Umsatz! Die Kamera ist da nur der kleinste Anteil. Sobald das Gehäuse gekauft ist geht es nämlich weiter. Neue Objektive müssen her. Und zwar sicherlich nicht die billigen. Ein 14–24 2.8, ein 24–70 2.8 und ein 70–200 2.8 sollte es schon sein. Gut 5.000€. Da klingelt die Kasse.
Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts dagegen, dass Nikon Geld verdienen will. Das muss so sein. Aber wir Kunden sind es letztendlich, die entscheiden was wir kaufen und somit auch die Signale setzen. Und wir sollten uns immer fragen: «Was brauchen wir wirklich, um tolle Bilder zu machen?» – und wenn eine neue Kamera auf den Markt kommt: «Werden die neuen Features mir wirklich und tatsächlich dabei helfen, noch bessere Bilder zu machen? Oder fehlt mir einfach Übung und ich müsste einfach mal öfter losgehen und fotografieren, anstatt ständig der neusten Hardware hinterherzulaufen…» :-)
Ich für meinen Teil stelle fest, dass ich immer öfter meine «Großen» Kameras zu Hause lasse und mit der D5500 und dem Sigma 18–35 f/1.8 losziehe. Mehr brauche ich in den allermeisten Fällen nicht, um das, was ich machen möchte, umzusetzen.
In diesem Sinne! Wir sehen uns draußen beim Fotografieren! :-)
Bezug
Grundsätzlich befürworte ich es, lokale Fotohändler zu unterstützen, die ehrliche und gute Beratung leisten und ich empfehle Euch, eine Kamera, bevor ihr sie kauft, beim Händler in die Hand zu nehmen.
Die Firma Calumet in Hamburg war so nett, mit der D7200 zum Test zur Verfügung zu stellen, sie beraten gut in ihren Ladengeschäften und haben auch einen Online Shop. Dort bekommt ihr natürlich auch die D7200:
- Nikon D7200 nur Gehäuse bei Calumet
- Nikon D7200 Kit mit 18–140 mm Objektiv bei Calumet
- Nikon D5500 Gehäuse bei Calumet
Solltet ihr bei Amazon bestellen, egal ob die D7200 oder irgendetwas anderes, unterstützt ihr mich, wie immer, wenn ihr über einen meiner Links geht. Dann bekomme ich eine kleine Provision – ihr zahlt selbstverständlich keinen Cent mehr. Hinter den Links findet ihr auch die aktuellen Preise, Vergleiche lohnen sich oft.
- Nikon D7200 nur Gehäuse bei Amazon
- Nikon D7200 Kit inkl. 18–140 mm Objektiv bei Amazon
- Nikon D5500 nur Gehäuse, bei Amazon
Vieles weiteres interessantes Equipment und meine anderen Kameras findet ihr übrigens in meiner Fototasche!
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!