Das Sigma 20 f/1.4 ist das erste und derzeit einzige Objektiv am Markt, dass ein 20mm Superweitwinkel mit einer Lichtstärke von f/1.4 kombiniert. Eine verführerische Kombination, nicht nur für die Astro-Fotografie. Ich habe das Objektiv mit nach Norwegen genommen und es dort unter anderem für die Nordlicht-Fotografie eingesetzt. Hier meine Bewertung.
Die meisten von euch haben es vermutlich schon mitbekommen: seit dem ersten Sigma Art 35 bin ich ein großer Fan dieser Serie. Während ich davor mit Sigma nicht viel am Hut hatte, habe ich seitdem von den Art-Objektiven bisher aber nur wenige ausgelassen. Und so befinden sich mittlerweile das 35 f/1.4, das 24 f/1.4, das 18–35 f/1.8 für Kameras mit APS-C-Sensoren und nun neu auch das 20mm f/1.4 in meiner Fototasche.
Der eine oder andere mag sich nun fragen, ob sich die Investition in das 20er lohnt, wenn man, wie ich, schon das 24er f/1.4 von Sigma und das 14–24 f/2.8 von Nikon hat. Die Antwort ist für mich ein klares jein. Es hängt davon ab, wie man seine Schwerpunkte setzt. Die 4mm zwischen 20 und 24 mm sind weitwinkelmäßig schon ein erheblicher Unterschied. Und zwischen einer Lichtstärke f/1.4 und f/2.8 liegen Welten – um genau zu sein 2 Blendenstufen. Das heißt, f/1.4 lässt 4x so viel Licht rein, wie f/2.8. Auf der anderen Seite muss man die Offenblende dann aber auch nutzen wollen für diese Weitwinkelaufnahmen.
Wie immer, ist es also eine Frage des Einsatzzwecks und der eigenen Ansprüche.
«Normale» Landschaftsfotografen legen unter Umständen auf eine so große Lichtstärke keinen gesteigerten Wert, da sie ohnehin eher Abblenden, um eine große Schärfentiefe zu erzielen. Hier ist sicherlich das Nikon 14–24 f/2.8 die «Eierlegende Wollmilchsau». Deckt es doch den gesamten Superweitwinkel-Bereich ab und bietet dazu noch eine verhältnismäßig gute Lichtstärke von f/2.8, die auch mal ein Freistellen erlaubt.
Bei der Nachtfotografie, nächtlichen Zeitraffer-Fotografie und Astro-Fotografie sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. Hier kann das Objektiv gar nicht lichtstark genug sein und das am besten kombiniert mit einer superscharfen Abbildungsleitung, die bis in die Ränder möglichst keine Bildfehler zeigt. Insbesondere Sterne und die Milchstraße lassen jeden Objektiv-Fehler sichtbar werden und verlangen nach knackscharfer Abbildung, tollen Kontrasten sowie einer guten Farbwiedergabe.
Bisher habe ich für diese Bilder oft das 24mm f/1.4 verwendet und den deutlich engeren Bildwinkel (gegenüber dem 14–24) in Kauf genommen – einfach, da die Bildqualität dieser Linse so schier unglaublich ist und die Lichtstärke zu verführerisch. Allerdings kann man bei Aufnahmen, die Landschaft und Himmel kombinieren – sei es bei der Milchstraße oder den Nordlichtern, gar nicht genug Weitwinkel haben. Und hier musste ich bisher dann immer entscheiden: entweder auf die attraktiven 14mm des 14–24 gehen, und dafür die Lichtstärke opfern, oder eben von der Lichtstärke des 24ers profitieren aber dafür massiv auf Weitwinkel verzichten.
Das 20er ist hier nun ein ganz großer Schritt hin zu mehr Weitwinkel – hoffentlich unter Beibehaltung der qualitativen Vorzüge des 24ers, aber das würde ich ja bei meinem Test sehen.
Also kamen sowohl das neue 20er f/1.4 Art, das 24 f/1.4 Art als auch das Nikon 14–24 f/2.8 in meine Fototasche für die zweite Norwegen Tour.
Bauweise und Haptik
Bevor wir über die Ergebnisse sprechen, aber noch etwas zur äußeren Erscheinung, Bauweise und Anmutung des 20er Sigma Art. Genau wie die anderen Art Objektive ist es sehr sehr hochwertig verarbeitet, fasst sich gut an und ist edel anzusehen. Größtenteils aus Metall mit Gummiapplikationen, bringt es aber mit 950 Gramm auch etwas Gewicht auf die Waage – es liegt satt in der Hand. Es ist etwas größer, als das 24er – eher so im Bereich des 50er Art.
Filter und Filterhalter
Als Besonderheit hat das Sigma Art 20 f/1.4 keine Fassung für Schraubfilter, sondern eine feste Gegenlichtblende. Das bedeutet, «normale» Filter kann man nicht verwenden, sondern benötigt einen speziellen Filterhalter sowie entsprechende Planfilter dafür. Ganz genau so wie beim Nikon 14–24 f/2.8.
Glücklicherweise haben die Jungs von Logodeckel, die ja schon den tollen Filterhalter für das 14–24 erfunden haben, sich sofort bereit erklärt, auch für das Sigma einen anzufertigen und mir noch vor der Reise zugeschickt. Ganz großen Dank auch an dieser Stelle noch einmal dafür. Damit kann ich die gleichen 150x150 Filter an dem Sigma verwenden, die ich für das 14–24 ohnehin habe. Die Filter findet ihr in meiner Fototasche.
Optische Performance
Kommen wir zum Wichtigsten – der optischen Leistung des Objektives. Ähnlich den anderen Objektiven der Art Serie, sind die Bilder brillant und kontrastreich und auch die Schärfe ist auf sehr hohem Niveau, insbesondere in der Bildmitte. Zu den Rändern hin fällt die Schärfe bei Offenblende bis hin zu f/2.8 leider etwas ab und bei Astro-Aufnahmen macht sich auch ein leichter Koma-Effekt bei den Sternen bemerkbar, also kleine Fallschirm-förmige Verzeichnungen an den Rändern.
Aber 20mm sind optisch natürlich eine echte Herausforderung – insbesondere an den Rändern. Und so ist es nicht verwunderlich, dass dort die Schärfe bei offener Blende etwas abfällt. Natürlich hätte ich mich gefreut, wenn die dadurch entstehenden Bildfehler noch schwächer ausgeprägt wären – aber das ist vermutlich den sehr, sehr hohen Erwartungen geschuldet, die Sigma mit ihren bisherigen optisch nahezu perfekten Art-Objektiven geweckt hat.
Wir machen jetzt mal Pixel-Peepen und ich zeige euch, wie das in 1:1 aussieht.
Hier zunächst einmal ein Bild mit dem 20mm bei f/1.4 – hier waren die Nordlichter so schnell, dass ich mit 1 Sekunde belichtet habe, ISO 3.200, f/1.4.
Und das hier ist die ‑Größe der Ausschnitte, die ich euch nun daraus zeige:
Ausschnitt aus dem Zentrum – beachtet die Andromeda Galaxie, die hier bei 1 Sek. Belichtung trotz des Kontrastverlusts durch die Nordlichter schön sichtbar ist!
Und nun linker Rand…
und rechter Rand:
Das sind die eben angesprochenen «Koma»-Effekte. Der Helligkeitsunterschied der Ausschnitte kommt übrigens durch die Nordlichter.
Ansonsten fällt die Helligkeit zum Rand natürlich bei Offenblende wie üblich auch etwas ab, aber Lightroom 6 bringt bereits Profile für das 20er Art mit, die dies bei Bedarf korrigieren.
Im Vergleich, so sieht ein Randauschnitt mit dem 14–24 bei f/2.8 aus:
Offenblende bei Super-Weitwinkel ist einfach in den Rändern schwierig, bei sehr hohen Auflösungen.
Das Objektiv, das ich mit in Norwegen hatte, war leider vom Fokus her ziemlich verstellt, sprich es hatte einen Backfokus. Das machte sich naturgemäß nur dann bemerkbar, wenn ich ohne Stativ und Liveview Landschaftsaufnahmen mit offener Blende gemacht habe. Hier hat der Fokus nämlich dann stets falsch gelegen. Sobald man man den Liveview zum fokussieren nutzt, kommt ja der Kontrast-Autofokus zum Einsatz, und die Probleme sind verschwunden. Da ich für die Astro-Aufnahmen von Northern Skies und die Nordlicht-Aufnahmen ja ohnehin vom Stativ mit manueller Fokussierung über Liveview gearbeitet habe, ist das nicht besonders ins Gewicht gefallen. Als ich wieder zu Hause war, habe ich das Objektiv dann mit dem Sigma-USB-Dock kalibriert und das Problem war weg. Wie das Kalibrieren ganz einfach geht, erkläre ich euch in Kürze in einem separaten Artikel.
Ich habe mir dann, um sicher zu gehen, dass mein Exemplar repräsentativ ist und kein Ausreißer, nach der Norwegen Tour noch ein zweites 20er Art von Calumet zuschicken lassen (danke an dieser Stelle dafür!) um die beiden zu vergleichen. Auch dieses hatte leider einen Backfokus, auch diesen konnte ich durch entsprechende Justage ganz einfach beheben. Ansonsten waren sich die beiden Objektive sehr ähnlich in der Abbildungsleistung.
Fazit
Mit dem 20er f/1.4 hat Sigma allen Nacht‑, Astro- und Zeitraffer-Fotografen einen ganz großen Traum erfüllt: ein 20mm Super-Weitwinkel mit einer Lichtstärke von 1.4 und einer sehr guten Abbildungsleistung, ähnlich dem 24er Art, sowie klasse Bauweise.
Dass man keine Schraubfilter verwenden kann, liegt an der kurzen Brennweite und der ausladenden, gewölbten Frontlinse. Hier springt die Firma Logodeckel ein und liefert einen tollen Filterhalter für 15x15 cm Planfilter.
Ein vergleichbares Objektiv gibt es schlicht und ergreifend derzeit nicht, daher ist es müßig, über den leichten Abfall der Schärfe am Rand zu diskutieren – zumal es meines Wissens nach auch kein Super-Weitwinkel gibt, dass solche Effekte nicht zeigt. Auch das 24er Art zeigt leichtes Koma bei Sternen-Aufnahmen mit f/1.4 ebenso wie das Nikon 14–24 f/2.8.
Nicht ohne Grund hat sich bisher noch kein anderer Objektivhersteller an eine solche Linse gewagt. Sobald man abblendet, werden diese Effekte weniger. Aber auch bei Offenblende ist das Objektiv super einsetzbar. Bei normalen Abbildungsgrößen fallen die Effekte nicht auf. Oder ist euch bei Northern Skies 4K irgendetwas negativ diesbezüglich aufgefallen? Seht ihr. Man kann viel Pixel-Peepen wenn man in 1:1 ranzoomt. Aber im Endeffekt kommt es doch darauf an, ob man die Aufnahmen, die man machen möchte hinbekommt oder nicht. Und da besetzt das 20er bei mir definitiv eine Nische, die mir vorher gefehlt hat und ermöglicht mir Aufnahmen, die ich ohne das Objektiv so nicht hätte machen können.
Das Arbeiten mit dem Objektiv bei Nachtaufnahmen ist eine Freude. Mit f/1.4 macht es die Kamera zum Nachtsichtgerät. Es macht Belichtungszeiten von 1 Sekunde bei Nordlichtern möglich, ohne die ISO in schwindelerregende Höhen zu treiben. Bei Milchstraßen und Sternenaufnahmen ermöglicht es einen tiefen Blick in den Weltraum. Es bildet schon bei Einzelbelichtungen Farben, Nebel und andere Details des nächtlichen Himmels ab, die mit f/2.8 Belichtungszeiten erfordern würden, die ohne Nachführung nicht mehr zu bewältigen wären. Ihr dürft nicht vergessen, dass ein Bild, dass bei f/2.8 mit ISO 3200 aufgenommen wird, bei f/1.4 nur ISO 800 benötigt. Statt 16 Sekunden bei f/2.8, reichen 4 Sekunden Belichtungszeit bei f/1.4. Das sind bei der Nacht- und Astrofotografie wirklich Welten.
Das Sigma 20mm f/1.4 Art kann ich also allen ambitionierten Astro-Landschafts-Fotografen nur empfehlen. Für «Tag»-Landschaftsfotografen ist sicherlich das Nikon 14–24 die bessere, weil vielseitigere Wahl, ggf. auch mit Adapter an Canon, zumal das Canon 11–24 f/4 weder vom Preis noch von der Lichtstärke her eine wirkliche Alternative ist.
Das USB-Dock würde ich nach meinen bisherigen Erfahrungen mit den Sigma-Art Linsen definitiv mit einplanen – lassen sie sich doch so optimal auf die eigene Kamera justieren. Wie gesagt – dazu in Kürze mehr.
An dieser Stelle noch kurz der Hinweis, dass dieser Artikel meine persönliche, subjektive Meinung widerspiegelt. Ich habe keine Labor-Tests gemacht, sondern das Objektiv einfach in der Praxis eingesetzt und gebe hier meine Erfahrungen wieder. Weiterhin habe ich das Objektiv ganz regulär gekauft, ich habe auch keine Verbindung zur Firma Sigma.
Linksammlung:
- Sigma 20 f/1.4 Art für Nikon und für Canon
- Sigma 24 f/1.4 Art für Nikon und für Canon – mein Testbericht
- Sigma 35 f/1.4 Art für Nikon und für Canon – mein Testbericht
- Sigma 50 f/1.4 Art für Nikon und für Canon
- Sigma USB Dock zum einfachen Kalibrieren des Fokus für Nikon und für Canon
- Filterhalter für Sigma 20 f/1.4 Art von Logodeckel
- Planfilter 150x150 ND 3.0 (1.000-fach)
- Planfilter 150x150 ND 1.8 (64-fach)
- Planfilter 150x150 ND 0.8 (8‑fach)
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Alle Inhalte © Gunther Wegner
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Über meine Zusammenarbeit mit externen Partnern habe ich hier ausführlich geschrieben. Danke!